Vor dem Krieg lag im Kreisgebiet kaum Kanalisation. Die wenigen vorhandenen Kanäle beförderten die Abwässer in die Oberflächengewässer. Nach 1945 wurden zahlreiche Abwasserkanäle, sogenannte "Bürgermeisterkanäle" in Form offener Enden gebaut. Diese Kanäle wurden damals von der Kreisverwaltung Neuwied auf Antrag bis zu 10 % bezuschußt. Abwasserkanäle aus dieser Zeit weisen heute durchweg Undichtigkeiten auf. Ursachen sind die Verwendung von ungenügend dauerhaften Materialien für Rohre und Dichtungen (einfache Beton- oder Asbest-Zement-Rohre) sowie ungenaues Arbeiten beim Verlegen. Beispielsweise wurden Hausanschlüsse meist einfach in den Kanal "gebrochen". Erst seit den siebziger Jahren werden bessere Materialien wie PVC- oder Schleuderbetonrohre verwendet. Es ist davon auszugehen, daß die meisten Kanäle, die vor den siebziger Jahren verlegt wurden, undicht sind. Hier sind hohe Sanierungskosten zu erwarten.
Das inklusive Zuleitung zu Kläranlagen 940 km lange Kanalnetz im Kreis Neuwied ist zu 93 % als Mischkanalisation angelegt; daß heißt Schmutz- und Regenwasser werden gemeinsam abgeleitet. Nachteilig ist hierbei, daß groß dimensionierte Kanäle und Regenrückhalte- und Überlaufbecken erforderlich sind (vgl. oben). Bis 1991 waren nur 7 % (60 km) des Kanalsystems im Kreis Neuwied als Trennkanalisation angelegt. Schmutz- und Regenwasser werden hierbei getrennt gesammelt und abgeleitet. Das Regenwasser fließt unmittelbar in ein Fließgewässer. Angaben zum Kanalisationsnetz des Kreises und der einzelnen Verbandsgemeinden sind der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Aus Gründen des Hochwasserschutzes ist insbesondere für den ländlichen Raum ein modifiziertes Trennsystem mit Nutzung von Regenwasser in Haus und Garten, verbunden mit einer örtlichen Versickerung von Überlaufwasser in Mulden oder Teichen die ökologisch und wirtschaftlich sinnvollste Lösung.
Angesichts der Hochwasserkatastrophen der vergangenen Jahre wird dieser Erkenntnis im Kreisgebiet noch viel zu wenig Rechnung getragen. Siehe auch Abschnitt Hochwasserschutz.
Tabelle #Anteil der Misch- und Trennkanalisation, Datenstand 1991
Fremdwasser
Als Fremdwasser wird durch Undichtigkeit in den Abwasserkanal eindringendes Grundwasser, über Fehlanschlüsse eingeleitetes Wasser (Dränwasser, Regenwasser) sowie in den Schmutzwasserkanal fließendes Oberflächenwasser (z.B. über Schachtabdeckung) bezeichnet. Im Landkreis Neuwied betrug der durchschnittliche Anteil Fremdwasser 1991 laut Statistik etwa 20 % (2.621.000 m³). Von den Verbandsgemeinden wurden folgende Werte angegeben:
Tabelle #, Fremdwasseranteil in öffentlichen Kläranlagen 1991
Undichte Kanäle können verschiedene negative Auswirkungen haben. Schmutzwasser kann austreten und zu Grundwasserverunreinigungen führen. Bei Lage von Abwasserkanälen in Wasserschutzgebieten, wie beispielsweise im "Engerser Feld", sind daher besondere Schutzmaßnahmen erforderlich (siehe auch Abschnitt Wasserschutzgebiete). Liegen die Kanäle unterhalb des Grundwasserspiegels, dringt Grundwasser in den Kanal ein und verdünnt das Abwasser. Dabei wirken die Abwasserkanäle wie Dränrohre. Die Folgen des erhöhten Wasseraufkommens im Kanal sind ein Verlust von Grundwasser, eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Kläranlage durch Überlastung und verbunden hiermit eine erhöhte Gewässerbelastung.
Kanalkataster Nach § 4 der Landesverordnung über die Eigenüberwachung von Abwasseranlagen vom März 1990 ist das Kanalsystem regelmäßig optisch auf Schäden hin zu überprüfen. Die gewonnen Daten fließen in ein von den Verbandsgemeinden geführtes Kanalkataster ein.
In der Verbandsgemeinde Unkel wurde in den vergangenen Jahren eine komplette Untersuchung des Kanalnetzes durchgeführt und ein Kanalkataster erstellt, das ständig aktualisiert wird. Von den 54 km Abwasserkanal sind 17 %, die in den 50er und 60er Jahren erbaut wurden, in sehr schlechtem Zustand. Etwa 75 % der Kanäle sind jünger als 25 Jahre und weisen keine gravierenden Schäden auf. Knapp 8 % der Abwasserrohre stammen aus der Zeit vor 1950. Von der Stadt Neuwied wird derzeit ein Kanalkataster für alle Hauptkanäle erstellt. Für den Bereich des Wasserschutzgebietes wird eine Sonderuntersuchung durchgeführt bei der auch alle Anschlußkanäle und soweit möglich die privaten Hausanschlüsse erfaßt werden. Zur Zeit wird die Schutzzone II untersucht. Im Bereich des Wasserschutzgebietes muß bei festgestellten Schäden sofort eine Sanierung erfolgen. Sanierungsmaßnahmen außerhalb des Wasserschutzgebietes werden je nach Dringlichkeit umgesetzt.
In den anderen Verbandsgemeinden erfolgen Untersuchungen des Kanalnetzes bisher meist stichprobenartig oder nach Bedarf, so z.B. bei Neubaumaßnahmen, aufgrund von Beschwerden oder auf besonderen Bedarf, wie z.B. in der Ortschaft Bennau (Verbandsgemeinde Asbach). Da Bennau fast vollständig im Wasserschutzgebiet liegt, erfolgt die Überprüfung der Ortskanäle hier in Zukunft im zweijährigen Rhythmusiehe
Soweit nicht schon in Bearbeitung, ist für 1996 von allen Verbandsgemeinden eine vollständige Überprüfung des Kanalnetzes und die Erstellung eines Kanalkatasters, geplant. Aus den bisherigen Untersuchungen läßt sich zusammenfassend feststellen, daß in allen älteren Rohren aufgrund der unzureichenden Materialqualitäten mehr oder weniger erhebliche Korrosionsschäden und Risse zu verzeichnen sind; die alten Dichtungsmaterialien sind heute zumeist undicht. Als häufigste Schäden sind mit ca. 70 % jedoch mangelhafte Hausanschlüsse zu nennen. Bezüglich der Sanierung liegt der Schwerpunkt auf der Erneuerung der sehr mangelhaften Kanäle sowie der Einzelsanierung schwerwiegender Fälle. Für Wasserschutzgebiete gelten besondere Bestimmungen, die eine sofortige Sanierung aller Mängel vorschreiben.
Parallel zu den kommunalen Abwasserkanälen sollten auch Betriebsentwässerungsanlagen untersucht und deren Ergebnisse vorgelegt werden.
Einleitungen in Gewässer
Die Qualität der Fließgewässer im Kreis Neuwied hat sich zwar gegenüber den siebziger Jahren verbessert, sie weist aufgrund der hohen Anzahl von Einleitungen jedoch auch weiterhin selbst in den Oberläufen vermeidbare Belastungen auf. (siehe auch Abschnitt Gewässergüte). Im Landkreis Neuwied liegen derzeit ca. 14.200 zumeist zeitlich befristete Genehmigungen für Einleitungen in Oberflächengewässer vor. Darunter sind 43 Einleitungen aus öffentlichen Kläranlagen, 178 Einleitungen aus sogenannten "offenen Enden" (Schmutzwasserkanäle) und 28 Einleitungen privater Firmen (Dritteinleiter).
Besonders in den geographisch schwierigen Regionen, wie z.B. in der Verbandsgemeinde Asbach, aber auch im Stadtbereich Neuwied oder in der Verbandsgemeinde Linz sind viele Ortsteile und Einzelanwesen nicht an die Kanalisation angeschlossen. Hier übernehmen Hausklärgruben eine Teilreinigungsfunktion. Die Ableitung erfolgt entweder in den Ortskanal oder in das Fließgewässer bzw. über Sickergruben in den Untergrund. Insgesamt gibt es im Kreis Neuwied knapp 14.000 Kleineinleiter (Kleineinleiter = unter 8 m³ Abwasser/Tag), die ihr Abwasser den Oberflächengewässern zuführen. Aus 168 Regenüberläufen bzw. Regenüberlaufbecken fließt den Gewässern Mischwasser zu. Die restlichen Einleitungen führen Niederschlagswasser (siehe Tabelle # Einleitungsgenehmigungen im Kreis Neuwied). Angaben zu Einleitungswerten aus Sammelkanälen, zu den betroffenen Gewässern und den vorgesehenen Maßnahmen zur gewässerschonenden Abwasserreinigung befinden sich im Abschnitt Abwasserbeseitigungskonzepte sowie in den Tabellen # - # im Anhang.
Tabelle # Einleitungsgenehmigungen im Kreis Neuwied, Datenstand 31.6.1995
RÜ=Regenüberlauf
RÜB= Regenüberlaufbecken